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Superbia

Superbia

Superbia kommt aus dem lateinischen und bedeutet Hochmut, Stolz, Eitelkeit oder Übermut. Dieses Wort beschreibt mein Gefühl und Verhalten nach den zwei überaus erfolgreichen vergangenen Jahren ziemlich genau. Warum sollten die Erfolge dieses Jahr ausbleiben?

Was sollte schon schief gehen? Die Vorzeichen für ein noch erfolgreicheres Angeljahr 2016 standen mehr als günstig. Die Belastung durch die Arbeit war erstmal etwas geringer worden. Die Meisterschule fiel weg und die neue Arbeitsstätte lag auch deutlich näher. Mit soviel mehr Zeit, aufgerüstetem Tackle und den Erfolgsködern der letzten Jahre kann doch einfach nichts schief gehen?!

" Blick vom ersten Platz das Ufer entlang"

Aber weit gefehlt. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall und die Landung war ziemlich unsanft. Aber zurück zum Anfang; der blendend guten Ausgangslage. Es handelt sich um ein mir sehr gut bekanntes 14 ha großes Gewässer und den oben beschriebenen unschlagbaren Voraussetzungen. Ich ging fest davon aus, wenn ich dieses Jahr etwas schreiben sollte, über meine Fischerei, dann würde es eine schillernde Geschichte über Erfolge und die Jagd nach Bestmarken sein. Eine Erzählung nach dem gängigen Muster in der so genannten Fachpresse; ich sag nur „veni vidi vici“. Ich würde deutlich besser sein, als alle anderen am Gewässer und würde natürlich nur die größten Fische fangen und natürlich würde es sofort von Beginn an klappen. Bestimmt würde es so sein. Es sprach ja nichts dagegen.
Also mehrmals die Woche ans Wasser gefahren und das Futter abgekippt. Location ist was für die anderen, ich kenne mich ja schon bestens aus hier. Nach mehrmaligem Füttern, dann die erste Nacht. Die Vorfreude und die Spannung stieg ins unermessliche. Ich stellte mir auf jeden Fall die wichtigsten Fragen. Wieviele Karpfensäcke brauche ich und wo mach ich am besten die Photos?
Es kam wie es kommen musste.
Blank.

Die Fehleranalyse fiel ziemlich kurz und knapp aus. Ich hab bestimmt keinen Fehler gemacht und es war einfach Pech. Zur Sicherheit an einer anderen Stelle am See das gleiche Spiel von vorne gestartet. Abends regelmäßig füttern und zwei Wochen später wieder ein paar Blanks hingelegt.
Inzwischen ging das Gerede am See schon los, ob ich es verlernt habe oder ob ich überhaupt Haken verwende. Immerhin trug ich es noch mit Humor. Mein grenzenloses Selbstvertrauen hatte aber die ersten Risse bekommen. Am Anfang konnte ich es noch darauf schieben, dass am ganzen See nichts gefangen wurde. Nur wenn alle um einen herum fangen, wird es langsam aber sicher schwieriger mit der Suche nach Ausreden. Hätte ich mal mehr Zeit in die Suche nach den Fehlern gesteckt, als mir irgendwelche Ausreden zu überlegen.
"Die Mischung machts, gerne mische ich verschiedene Geschmacksrichtungen um jeden Besucher auf dem Platz etwas zu bieten. Am Ende setzt sich immer Qualität gegen Masse durch”
Die folgenden Wochen konnte ich nicht an den See zum Fischen. Aber zum Glück versorgen einen Facebook und Whatsapp immer mit den aktuellsten Fangmeldungen. So wusste ich, dass alle anderen inzwischen fingen; nur ich nicht. Da kam die nächste „geniale“ Idee, wenn alle fangen, dann müssen die Fische auch fressen. Kurzerhand eine massive Ladung Futter ins immer noch recht kalte Wasser abgekippt.

Ich war noch nicht vom See weg, da traf ich andere “Karpfenangler”. Sie hatten in etwa den selben Plan, nur mit ziemlich verkommeneren Hintergedanken. Sie kippten zu der Zeit täglich mehrere hundert Kilo Partikel im See ab, um ein Preisfischen des ortsansässigen Angelvereins zu sabotieren. Ich für meinen Teil war von dem Verhalten geschockt und mied den See fürs erste. Inzwischen war ich ziemlich gefrustet. Es war für mich einfach selbstverständlich geworden, immer zu fangen. Okay, es war hin und wieder mal eine Nacht dabei, in der sich mal nichts rührte. Aber in der Regel waren da immer Fische. Die Hänseleien der anderen Angler am Wasser konnte ich nicht mehr weglächeln. Zum Glück waren in der Zeit Freunde für mich da, die sich die Misere anhörten und das taten, was ich hätte tun sollen. Sie dachten drüber nach und gaben mir Tipps. Bisher hatte ich solche Tipps regelmäßig ignoriert, doch diesmal beschloss ich ein paar davon zumindest zu testen.

Neuer Versuch, neues Glück. Abends raus ans Wasser und in der früh schnell zusammenpacken und ab auf die Arbeit. Es blieb wie gewohnt ruhig. Deutlich angefressen packte ich in der früh meine Sachen zusammen. Wieder ein Blank. Das Rodpod war schon abgebaut und das Zelt zusammengeworfen. Es war zeit die Angeln einzukurbeln. Ich hob die erste Rute an und wollte gerade die Bremse der Tourni zudrehen, da spannte sich die Schnur der verbliebenen Rute aus. Ein Biss? Schnell die Rute gewechselt. Und tatsächlich war da Widerstand. Es war kein brutaler Widerstand, der die Rute im Halbkreis biegt und die Bremse kreischen lässt, aber es war ein Widerstand. Zumindest ein bisschen Widerstand. Oder war es doch nur Kraut? Das gab es an meinem Spod reichlich. Diesen Umstand hatte ich bisher kaum Beachtung geschenkt. Warum eigentlich nicht? War es nun Kraut oder ein Fisch? Der Widerstand wurde etwas mehr und schwamm mal etwas nach links und etwas nach rechts und entpuppte sich als wunderschöne Schleie. Letztes Jahr hätte ich den Fisch wahrscheinlich nicht erwähnt. Aber diesmal freute er mich sehr. Ich entfernte den Haken noch im Kescher, um sie zu schonen. Und hatte endlich den ersten Fisch für das Jahr an dem See auf der Habenseite. Ab in die Arbeit. Gefühlt war ich wieder auf der Gewinnerstraße, aber noch nicht über den Berg.
“10 Minuten vor dem Schwan”

Am Wochenende drauf sollte es wieder raus gehen. Diesmal endlich für länger als eine Nacht. Begleiten würde mich ein guter Freund, das ein oder andere Bier und etwas Grillgut. Aber vor das Vergnügen ist die Arbeit gesetzt worden. Ich wollte das Futter diesmal auf die Angelstelle rausschwimmen. Der Plan war gut und der erste Teil verlief auch reibungslos. Ich legte die Spodrute mit der an der Rolle eingeklippten Entfernung auf den Steg, beschwerte das Handteil und öffnete den Bügel. Die Flossen waren gleich angeschnallt und die Schnur glitt ohne Verhäderrung von der Rolle, als ich mit der Spomb in der einen und einem Kübel in der anderen Hand langsam rauspaddelte. Am Platz angekommen warf ich die Spomb weg, um mich nicht in der Schnur zu verfangen und verteilte grossflächig den Futtermix. Der Futtermix bestand aus gekochtem Mais und Hanf und war vermengt mit gecrushten Redmonstercrab- und Banana-Boilies von Best Baits. Ich sah dem Futter zu wie es langsam Richtung Grund entschwand und in der kompletten Wassersäule kleine Partikelchen zurückblieben. Nun war es aber höchste Zeit, das kalte Wasser zu verlassen. Auf dem Rückweg bemerkte ich einen Schwan, der sich ziemlich komisch und ruckartig vor dem Steg bewegte, auf dem die Rute lag. Lag ist das richtige Stichwort. Bis ich am Steg war, waren sowohl Rute, als auch der Schwan verschwunden. Er musste sich in der Schnur verfangen haben und hatte bei seinem erfolgreichen Befreiungsversuch die Rute an den Gewässergrund befördert. Trotz des kristallklaren Wassers konnte ich die Rute nicht entdecken. Es blieben auch meine Versuche erfolglos die Spomb oder die treibende geflochtene Schnur im inzwischen bitterkalten Wasser zu finden. Nach einer guten Stunde gab ich entkräftet und frierend auf. Auf dem Rückweg zum Auto stellte ich mir nicht nur einmal die Frage, warum das alles. Ich rief einen Kumpel an, um ihm meine missliche Lage zu berichten. Nach der Schilderung herrschte am anderen Ende der Leitung erstmal ausgelassenes Gelächter. Dann kam die Frage, ob er einen Kaffee aufsetzen solle. Aufgewärmt klappte dann auch die Rettung der Rute.

Am Wochenende wollte ich dann so schnell wie möglich an den Angelplatz, von der Futteraktion war noch ordentlich Wut im Bauch. Auf dem Weg zu meiner Angelstelle kam ich bei zwei anderen Karpfenanglern vorbei. Diese begrüßten mich mit einem Lachen und wollten die Geschichte mit dem Schwan von mir selber hören. Während ich die Geschichte widerwillig erzählte und im Anschluss noch ein Bierchen mit ihnen trank, wurden von den beiden zwei Karpfen gefangen. Also schnell weiter zur Angelstelle. Es ging so weiter wie bisher. Keine Aktion und zusehen wie die anderen fingen. Mein Kumpel kam, baute sein Tackle auf und blankte genauso. Diesmal war es aber nicht so wie in den Nächten davor. Die Fische waren am Platz und ich begann endlich den Fehler bei mir selber zu suchen. Ich stellte erschrocken fest, dass ich schon einige Nächte am See runter gerissen hatte, aber nie richtig hingeschaut hatte. Wir besprachen gemeinsam was der Fehler seien könnte. Am Ende kamen wir zu dem Entschluss, dass der Köder zu unauffällig war. Ich fischte zu dem Zeitpunkt einzelne 16mm Boilies. Diese wurden von den zu schweren Bleien durch das Kraut an den Grund genagelt. Dort konnten sie von den Fischen weder gefunden werden, noch effektiv haken. Die kleinen Köder erschienen im ersten Moment der ideale Köder zu sein, an dieser Stelle ist der See voll von kleinen Muscheln die das Kraut bevölkern. Ich wechselte nun auf einen Snowman bestehend aus einen Red Monster Crab Boilie und einem dazugehörigen Popup. Diese Köderauswahl kam an ein längeres Rig und das Bleigewicht wurde reduziert. Ich hoffte, das Setup würde jetzt auf dem Kraut liegen. Es kam wie erhofft. Es stellten sich die ersten Erfolge ein und die Erleichterung war grenzenlos.
" Der Blick gehört auf das Wasser, den dort liegt die Wahrheit"

Mein Fazit nach dem Saisonbeginn ist klar. Ein gutes Team und Freunde am Wasser kann keiner ersetzen, sie bringen einen immer wieder zurück in die Spur und helfen einem, wenn man sich selbst Mal im Weg steht. Man sollte sein Handeln immer wieder aufs neue kritisch hinterfragen. Es sind oft Kleinigkeiten die den Unterschied machen. Das wichtigste ist aber, dass man einfach die Zeit am Wasser schätzt. Was ist schlimm an einem Abend, wenn man nichts fängt, sich aber gut unterhält und ein Steak auf den Grill kloppt? Nichts. Es gibt nichts schöneres, als die Natur zu genießen und zu erleben wie der Stress von einem abfällt. In diesem Sinne eine schöne Zeit am Wasser und hoffentlich ein Auge für das wesentliche.

never give up
Euer Brandy

p.s. An dieser Stelle war der Text eigentlich beendet. Eigentlich, denn auf einmal waren da wieder Fische und die Leichtigkeit war zurück. Die Hindernisse schienen nicht mehr unüberwindlich...